EdiMotion15. – 18. Oktober 2021

THEMENSCHWERPUNKT

Kurz-Schnitt: Vorspann, Trailer, Instant-Fiction und Co

Gäste: Rainer Nigrelli, Sebastian Thümler, Viola Isenbürger, Patricia Mestanza Niemi, Dirk Steinkühler

Über die Kurzfilmmontage hinaus, der ja bei Edimotion traditionell ein eigener Wettbewerb gilt, richtet der diesjährige Themenschwerpunkt den Blick auf kurze Formate wie Trailer und Titelsequenz , die als komprimierte dramaturgische Kondensate fungieren und auf den Trend, fiktionales Fernsehen aus gewohnten Bahnen herauszuholen, agiler zu produzieren und die Rezeption über alternative Kanäle zu ermöglichen, dank kurzer Episoden. Neben einem filmwissenschaftlichen Vortrag zur Titelsequenz geben vier Editorinnen und Editoren Einblicke in ihren Arbeitsalltag als Fachfrauen und -männer „für‘s Kurze“: Wie findet man eine Dramaturgie für zweieinhalb Trailerminuten, welchen Gesetzmäßigkeiten folgt das Format, wo sind Grenzen gegeben, wo Genreerweiterungen wichtig? Und was unterscheidet den Arthouse- vom Mainstreamtrailer, was die Fiktion vom Dokumentarischen? Welche Arbeitsbedingungen üblich und welche Varianten möglich sind, wie groß der Einfluss des Trailers auf das Box Office ist und warum Trailer nicht von den Filmeditor*innen selbst montiert werden sollten, erläutern die Trailerexpertinnen Viola Isenbürger und Patricia Mestanza Niemi.

Was genau eigentlich ist Instant Fiction, mit welchen fiktionalen Inhalten drängen die Sender ins Netz und warum nimmt der neue „Amphibienfilm“ nicht mehr die Kino-Ko-, sondern die web-Series-Auswertung in den Blick? Und für Veränderungen bringen die neuen Entwicklungen für Montageprozesse und Dramaturgie? Das besprechen wir mit den Editoren Rainer Nigrelli, der u.a. an Drinnen und How to sell drugs online (fast) beteiligt war und zuletzt True Demon für funk/youtube montierte und Sebastian Thümler, dessen Serienportfolio neben 4 Blocks und Para – Wir sind King auch das vielfach prämierte Impro-Projekt Für immer Sommer 90 umfasst,das die ARD sowohl als Langfilm als auch als Miniserie auswertete.

Der Themenschwerpunkt wird unterstützt vom Bundesverband Filmschnitt Editor e.V. (BFS).

Agile Formate montieren: Instant Fiction und Co

Gäste: Rainer Nigrelli, Sebastian Thümler

Ob im Management oder in der Lerntheorie - „agil“ ist der neue Trend. Und spätestens seit Corona auch in der Medienlandschaft mehr als ein Buzzword: Neue Formate wie Instant Fiction treffen auf neue Auswertungsstrategien und nicht zuletzt auf neue Arten der Zusammenarbeit im Produktionsprozess. Alles frisch, schnell und relevant, so das Heilsversprechen. Oft wird „agiles Produzieren“ zum „neuen Normal“: Es gilt, unerwartete Gegebenheiten – am Markt, innerhalb der Crew oder hinsichtlich neuer Drehbedingungen – frühzeitig wahrzunehmen, flexibel Lösungen zu entwickeln und diese schnell und effizient umzusetzen. Doch was heißt das für die Montage? Ein großer Anteil Improvisation, kameraperspektivisch stark reduziertes Material, engste Zeitfenster, andere Formen von Kollaboration im Editors Room bzw. verändertes interdisziplinäreres Arbeiten mit anderen Gewerken prägen das Bild. Und heißt „new work“ letztlich auch „new pay“?

Was müssen Editor*innen mitbringen, wenn es gilt, auf Basis eher loser Skripte die „Zielgruppe in den Kanälen abzuholen, in denen sie sich auch bewegen“, „auf innovative Art und Weise mitzureißen“ und gleichzeitig das klassische TV-Publikum nicht zu verprellen? Und strahlt die Haltung angestrebter Aktualität, Diversität und Relevanz der Stoffe auch in die Zusammenarbeit im Team aus, wenn ja in welcher Form? Und welche der unzähligen, darunter einige und vielfach prämierte Formate sind haltlos überbewertet, welche interessante Experimente und wo hat die Zusammenarbeit genauso Spaß gemacht wie das Resultat überzeugt?

Anhand verschiedener Leuchtturmprojekte des agilen Produzierens, an deren Schnitt die beiden Panelgäste beteiligt waren, sowie mit Blick auf verwandte Formate werden Anreize, Veränderungen und Fallstricke genauso erörtert wie dramaturgische Besonderheiten der kurzen Form im Vergleich zu klassischen Serienfolgen bzw. der Langfilmversion eines Projekts im Vergleich zu kurzen Episoden.

Samstag, 16. Oktober 2021 | 16:30 Uhr | Filmforum im Museum Ludwig
Moderation: Kyra Scheurer

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Titelsequenzen – vom One-Shot zum Jump Cut

Vortrag: Dirk Steinkühler

Lange prägten zum Filmstart die simple Präsenz von Studio-Logos und endloser Credits das Kinoerlebnis. Bis zu Beginn der 1950er Jahre Produzent und Regisseur Otto Preminger und Grafikdesigner Saul Bass für den Film „Carmen Jones“ etwas Neues erdachten: eine eigenständige und aufsehenerregende Titelsequenz rund um das Symbol einer schwarz umrandeten Rose. Saul Bass‘ Arbeiten waren der Beginn einer neuen filmischen Form, die fortan zum Siegeszug beim Publikum ansetzte. Für Alfred Hitchcock schuf er später hypnotisierende Spiralen für „Vertigo“ oder in die Tiefe führende Raster für „North by Northwest“, aber auch „wilde“ Schnittsequenzen wie für den Großstadtthriller „Something Wild“ oder phantasievolle Animationen zum Abenteuerfilm „Around the World in 80 Days“. Die Titelsequenz setzte sich auch jenseits der Person Bass durch, war aber in den USA lange getrennt vom restlichen Film: Zwar wurde die Regie gehört, Kameraleute und Editor*innen wurden aber zumeist nicht gefragt. Auch nicht um Hilfe oder Rat, denn eines machten die erfolgreichen Titeldesigner deutlich: für die Titelsequenz waren sie zuständig! So stellte Saul Bass seine Arbeiten in Eigenregie fertig und beschäftigte dafür eigene Kameraleute, auch bei der Montage ließ er sich allenfalls von Vertrauten beraten. Die Antwort einiger Regisseure war eindeutig: Sie ließen sich selbst etwas einfallen, meist gemeinsam mit ihren Editor*innen. Legendär sind etwa Titelsequenzen von Jean-Luc Godard oder Jacques Demy und auch das „Jeune Cinéma Francais“, z.B. Claire Denis, eroberte sich in den 1990er die Titelsequenz zurück.

Verschiedene Ausprägungen und Entstehungszusammenhänge des Vorspanns sind Thema des Vortrags, der anhand zahlreicher Beispiele zeigt: Die Entwicklung eigenständiger Titelsequenzen waren und sind Erfolg für den Film und das gesamte Filmteam – pünktliche Sitzplatzeinnahme und unmittelbare Aufmerksamkeit, auch für die Namen der Filmschaffenden, erreicht man am besten mit einer bravourösen Ouvertüre.

Sonntag, 17. Oktober 2021 | 17:45 Uhr | Filmforum im Museum Ludwig

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Dramaturgie in Minuten: Der Trailerschnitt

Gäste: Viola Isenbürger, Patricia Mestanza Niemi

Der Trailer gilt als „Erstes Date“ mit dem Filmerlebnis, als Dreh- und Angelpunkt der Aufmerksamkeitsgenerierung, als Indikator für späteren Erfolg oder Misserfolg an der Kinokasse. Große merkantile Verantwortung also, gleichzeitig aber enorme spielerische Freiheit in der Gestaltung. Gibt es ein „Patentrezept“ in der Disziplin der „Zweiminutendramaturgie“? Der Kinotrailer muss schneller, spannender, unterhaltsamer, lauter – kurz, muss besser sein, als der Film selbst, heißt es oft. Aber stimmt das für alle Filme, oder nur im Mainstream? Und wieviel „Lüge“ ist erlaubt, wie treu muss man Genre, Tonalität, Figurenkonstellation und Spannungsbogen bleiben – und vor allem wie viel von der Handlung darf man verraten? Welche Besonderheiten stellt man im Teasern des Dokumentarischen heraus? Und wer darf eigentlich alles mitreden? All das diskutieren zwei versierte Trailer-Editorinnen anhand ihrer Arbeitsbeispiele. Aber auch über Zeitfenster der Trailerentstehung, die verschiedenen Arbeitsschritte, Ausgangsmaterial und Musik, Kommunikationswege mit Filmteam und Marketing sowie das Verhältnis zum finalen Film wird diskutiert.

Sonntag, 17. Oktober 2021 | 19:00 Uhr | Filmforum im Museum Ludwig

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